DER SPIEGEL 1980
- DER SPIEGEL 5/1980 / 28.01.1980
Hausmitteilung
- DER SPIEGEL 8/1980 / 18.02.1980
SPIEGEL Gespräch
Nicht den Tiger füttern, bis er groß ist
Von Terzani, Tiziano und Wild, DieterDer chinesische Außenpolitiker Tan Wen Rui über Kriegsgefahr, Afghanistan und das Verhältnis China/USA - DER SPIEGEL 14/1980 / 31.03.1980
- Vor der „Grossen Halle des Volkes” in Peking waren Sonderposten der Volksbefreiungsarmee aufgezogen, chinesische Fernseh-, Photo- und Zeitungsreporter standen bereit. Chinas Vizepremier Bo Jibo, 72, empfing Besucher aus Deutschland: die SPIEGEL-Redakteure Johannes K. Engel und Fritjof Meyer sowie den Pekinger SPIEGEL-Korrespondenten Tiziano Terzani. Nach dem zeremoniellen Gruppenbild bat der Stellvertreter von Premier Hua Kuo-feng die Gäste in den grossen Konferenzsaal mit einem ausladenden Gemälde der Chinesischen Mauer. Anderthalb Stunden lang diskutierte Bo Jibo, der seit Februar dieses Jahres die Schlüsselindustrie von fast einer Milliarde Chinesen verwaltet, unterstützt von einem Dutzend Beratern und Mitarbeitern, mit seinen deutschen Gästen über die deutsch-chinesischen Beziehungen. Von der Diskussion gibt es nicht das übliche genehmigte Protokoll eines SPIEGEL-Gesprächs, sondern auf Wunsch Bo Jibos – nach einem von Mao eingeführten Braucheine Niederschrift in indirekter Rede („China will von den Deutschen lernen”, Seite 127).
- China will von den Deutschen lernen
Anderthalb Stunden lang legte der Stellvertretende Ministerpräsident der Volksrepublik China Bo Jibo dem SPIEGEL seine Ansichten über die künftige Entwicklung der deutsch-chinesischen Beziehungen dar: Peking hofft in verstärktem Maße auf Hilfe und Kredite aus der Bundesrepublik. Auf Wunsch Bo Jibos werden die Kernsätze des Gesprächs nach einer von Mao für Spitzenfunktionäre eingeführten Regel in indirekter Rede wiedergegeben.
- DER SPIEGEL 16/1980 / 14.04.1980
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Knapp drei Wochen war der Pekinger SPIEGEL-Korrespondent Tiziano Terzani in Kambodscha. Mit einem Lada fuhr er über 1500 Kilometer durch ein Land, das „die menschliche Phantasie des Schreckens” herausfordert, er sah ein Volk, das versucht, „den verlorenen Faden des Lebens wiederaufzunehmen”. In der Hauptstadt Pnom Penh war er stundenlang mit dem Fahrrad unterwegs, auf der Suche nach Plätzen, die er von vielen früheren Aufenthalten her kannte, nach Häusern, in denen er gewohnt hatte, und nach alten Freunden. Nichts und niemanden fand er wieder.
Mit Ausnahme der Gebiete des Landes, von deren Besichtigung man ihm aus Sicherheitsgründen abriet, weil dort noch immer Pol-Pot-Leute unterwegs sind, konnte sich Terzani ungehindert bewegen, auf Strassen, die von Massengräbern und Vernichtungsfeldern gesäumt waren. Er stieg über menschliche Knochen und sah Bauern, die Totenschädel von ihren Feldern räumten.
Mit wem auch immer er wollte, konnte Terzani sprechen, mit Präsident Heng Samrin, mit dem Vizepräsidenten, Sekretär der kommunistischen Partei und Armee-Chef Pen Sovanh sowie mit Aussenminister Hung Sen. Er unterhielt sich mit alten Sihanouk- und Lon-Nol-Anhängern, mit ehemaligen Studenten und einfachen Bauern.
„Alle”, so berichtete Terzani nach Hamburg, „zeigten grosses Interesse an Gesprächen, aber einige waren noch immer unsicher und fürchteten Konsequenzen.” Zum Beispiel ein früherer Student, der jetzt auf demLande arbeitet. Mit fernöstlicher Bild-Logik bat er, seine Identität nicht preiszugeben: „Sie sind das Schiff, ich bin der Fluss, Sie reisen ab, aber ich muss bleiben.” Terzanis Bericht, mit seinen Photos, beginnt auf Seite 164 („Ich höre noch Schreie in der Nacht”) und wird mehrere Folgen umfassen. - Ich höre noch Schreie in der Nacht
Von Terzani, Tiziano
SPIEGEL-Redakteur Tiziano Terzani im zerstörten Kambodscha
Kambodscha von heute fordert die Phantasie des Schreckens heraus. Ich hatte das Land im Jahre 1975 verlassen, kurz bevor die Roten Khmer Pnom Penh übernahmen.
Ich hatte ein Kambodscha verlassen, das Krieg führte, aber immer noch lebendig war; mit Städten, mit normalen Menschen, vielen Freunden.
Ich kam zurück und fand nur noch die Skelette der Gebäude und der Menschen wieder, die ich gekannt hatte.
Kambodscha sieht heute wie ein Land aus, das von allen gottgesandten und menschengemachten Mißgeschicken heimgesucht wurde, von Pest und Krieg, Erdbeben und Neutronenbomben.
Seit Oktober 1975 hatte ich in thailändischen Flüchtlingslagern und später, 1978, auch in südvietnamesischen Berichte über die Pol-Pot-Massaker gehört, aber mein Verstand konnte die Dimensionen jener Realität nicht erfassen.
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